Ja, irgendwie lässt der Alltag das regelmäßige bloggen (zumindest für mich) unwichtig erscheinen… Da ich nun aber mal wieder etwas länger Urlaub hab, habe ich beschlossen, mal wieder was über eine meiner Reise zu bloggen… Dieses Mal hat es mich nach Kanada verschlagen…
Zuerst ging es letzten Samstag von Stuttgart über London nach Toronto, wo meine Schwester Nora zwei Semester studiert hat. Schon beim Check-In in Stuttgart war alles „wie Gewohnt“… Die Dame scheint sich an mich erinnert zu haben (aus meiner Zeit monatlicher Flüge STR-LHR), zumindest meinte sie, sie bräuchte mir ja keine Umsteiger-Infos für Heathrow geben, was ich dann bestätigt hatte…
Beim Landeanflug auf London war es auch alles wie gewohnt, außer dass die (bzw. mehrere) gewöhnliche im North-East-London holding pattern direkt übergangen wurde und wir direkt über Clapham Junction, Richmond Park, Twickenham Rugby Stadium auf der Südbahn in Heathrow angeflogen sind (der deutsche Biergarten „Steins“ in Richmond hatte scheinbar noch geschlossen, zumindest war er aus dem Flieger nicht erkennbar…)
In Terminal 5 bin ich dann zum ersten Mal nicht durch die Passkontrolle ins Vereinigte Königreich eingereist sondern nur im Transit-Bereich umgestiegen (evtl. wäre aber eine Ein- mit anschließender Ausreise schneller gewesen)… Nachdem auch in Terminal 5 die Sicherheitskontrolle passiert war, stand die schwierige Entscheidung an, wie man die restlichen knapp 4 Stunden verbringen sollte… Ich entschied mich, aus guter Tradition, für ein japanisches Mahl im Wagamama, ein „Ramen-Restaurant“ mit Blick auf das Vorfeld zwischen Terminal 5 und dem B-Dock, welches auch zu Terminal 5 gehört, aber nur per U-Bahn erreicht werden kann. Das Mahl war vorzüglich und wurde wie üblich durch ein „Coconut Reika“ gekrönt (Kokoseis mit Maracuja-Sauce, sowie Kokosraspeln)… Kurz vor vier ging es dann ans Boarding für BA084 nach Toronto. Der Flug verging angenehm, das Entertainment-System von BA reicht zwar nicht an Singapore Airlines heran, ist aber auch nicht zu verachten. Neben einigen Serien (Folge 1 der aktuellen Top Gear-Staffel, Big Bang Theory, …) habe ich mir dann auch noch „A good day to DIE HARD“ angeschaut… Nettes Krawumm-Kino, zum Zeitvertreib auf einem Transatlantikflug gerade passend…
Nach insgesamt 16h Reise (ab Kirchheim) kam ich dann doch etwas gerädert in Toronto an und war dann recht froh, mich im Hotel nach einem schnellen Bier und ein paar Fritten in einer etwas „hipsterigen“ Bar ums Eck ins Bett packen zu können.
Sonntags stand dann das „übliche Touristen-Programm“ mit CN-Tower und Toronto Islands (schöner Blick auf die Skyline Torontos) auf dem Programm…
Montags war dann kanadischer Feiertag (Victoria Day zum Gedenken an die entsprechender britische Herrscherin) welcher genutzt wurde, um per Mietwagen an die Niagara-Fälle zu kommen (der Inhalt von 1 Million Badewannen fällt dort sekündlich in die Tiefe) und die Wineries der Ontario Winelands (Niagara Peninsula) auszuprobieren. Die dortigen Weine waren qualtitätstechnisch sehr unterschiedlich, auch recht interessant waren die unterschiedlichen Anbaumethoden im Vergleich zum Württemberger Wein. Nach der Rückkehr gab es dann noch im portugiesischen Viertel „Frango piri-piri con batatas fritas“, portugiesischem Fernsehprogramm und einem Haufen Portugiesen (Toronto hat eine relativ große und lebhafte portugiesische Community).
Dienstags standen dann die St. Lawrence Markets sowie der Distillery District auf dem Programm. Erstgenannter ist angeblich der beste Lebensmittelmarkt weltweit – definitiv Kanadas – aber deutlich kleiner wie beispielsweise der Borough Market in der Nähe von London Bridge Station in der Londoner Southbank. Der Distillery District war einstmals die größte kanadische Schnapsbrennerei und wurde in den letzten Jahren neu belebt mit Kunstzentren, kleinen Boutiquen, einer Micro-Brewery und einigen kleinen Bars und sonstigen Läden.
Mittwochs ging es dann zuerst in die Hockey Hall of Fame, wobei in Kanada mit Hockey nicht die „Sommersportart“ sondern Eishockey gemeint ist. Dort werden etliche Spieler, Trainer und Funktionäre der Sportart geehrt, sowie die Klubs der NHL sowie deren Feeder-Teams vorgestellt. Ãœberraschenderweise wurden dort auch einige Deutsche geehrt, aber mir war keiner davon bekannt… Dazu gab es dann auch noch einige interessante Aktivitäten für junges Publikum (Kommentiere ein Hockey-Spiel und lass dir die Aufzeichnung zusammen mit dem Video per Email zustellen, lasse dich von einer Puck-Maschine beschießen, während du versuchst ein Hockey-Tor zu verhindern, oder versuche an einem virtuellen Torwart vorbei einen Puck ins Netz zu schießen). Zu guter Letzt kann man dann auch noch den Original „Stanley-Cup“ bewundern und anfassen – bevor man obligatorisch durch den Shop das Museum verlassen kann…
Anschließend gings nach Chinatown, wo man sehr günstig einkaufen und chinesisch Essen kann (welch Wunder…). Anschließend ging es weiter ins „Hippie-Viertel“ Kensington Markets wo der „best coffee in town“ angeboten wurde, welches ich aber nicht bestätigen kann, da ich mich an Eistee hielt. Mit der Straßenbahn (in Toronto Street Car genannt), ging es dann noch anschließend durch die Stadt bis zur Endstation und zurück zum Hotel. Abends ging es dann auf die Yonge-Street (längste Straße der Welt, 1896km lang) wo eine weitere Microbrewery aufgesucht wurde, die aus dem französisch-sprachigen Quebec stammt und es mittlerweile auch in Frankreich gibt – genannt „3 brasseurs“.
Donnerstags wurde dann noch das Parlament Ontarios von außen besichtigt, über den Uni-Campus gegangen und am Royal Ontario Museum vorbei ins Studentenviertel Bloor marschiert. Am frühen Abend ging es dann zur Union Station Toronto, wo der Check-In für den bekanntesten Zug Kanadas, den „Canadian“ stattfand. Nachdem das Großgepäck abgegeben war hat man in der Lounge platzgenommen, wo bei freien Softdrinks, Kaffee, Tee und WLAN (gaaanz wichtig!) das Boarding abgewartet wurde.
Eine halbe Stunde vor Abfahrt wurde dann zum Boarding aufgerufen und der Zug wurde bereitgestellt. Da mein Wagen („Fraser Manor“) direkt an der Rolltreppe stand, musste ich auch nicht allzu weit durch den inzwischen einsetzenden Regen… Nachdem das Abteil bezogen war, ging es in den Dome Car, wo es einen Begrüßungs-Champagner gab.
Nun einige Fakten zum Zug… Die 23 Wagen (Baujahre 1954-1956) werden von zwei HPA-30-Lokomotiven gezogen. Dem Gepäckwagen folgen zuerst die beiden „Coach-Class“-Sitzwagen sowie der erste Dome Car für die Reisenden, die die Reise komplett im Sitzen verbringen (auch über Nacht). Im Anschluss daran folgt der erste Dining Car welcher wiederum vom ersten Dome Car der Sleeper Class gefolgt wird. In diesem finden auch verschiedene Programmpunkte (Beertasting, Winetasting, Movies, Live-Musik) statt. Daran anschließend folgen etliche Schlafwagen, wobei mein Abteil im vierten Schlafwagen hinter dem Dome Car ist – bei sich bewegendem Zug ist es nicht ganz einfach, durch die engen Gänge zu laufen, insbesondere wenn jemand entgegenkommt. Weiter hinten im Zug kommen neben Schlafwagen auch nochmal ein Restaurant, ein Dome Car und am Ende des Zuges der Park Car, welcher eine tolle Lounge am Zugende mit Blick auf die eben zurückgelegte Strecke hat.
Den gesamten Freitag ging es dann durch die beinahe endlosen Weiten Ontarios, wobei von Zivilisation über weite Strecken kaum etwas zu sehen war – abgesehen von einigen wenigen Stopps in Siedlungen wie Capreol oder Hornepayne. Teilweise wurde auch „in the middle of nowhere“ gehalten, da man bei entsprechender Voranmeldung an jedem Meilenpfosten unterwegs aus- oder zusteigen kann. Einige Städter nutzen diese Möglichkeit, um mit einem Kanu im Gepäckwagen zu einer Tour in die Wildnis zu kommen.
In der zweiten Nacht wurde dann die Grenze zu Manitoba überschritten (durch die Zeitumstellung konnte man dann eine Stunde länger schlafen) und gegen halb acht wurde die dortige Hauptstadt Winnipeg erreicht. Dort hat der Zug ungefähr vier Stunden Aufenthalt, welche für einen Stadtbummel genutzt werden kann.
Gegen Mittag verlässt der Zug dann Winnipeg, um dem Assiniboine-Fluss zu folgen und nach ca. 5 Stunden Fahrt die Grenze zum Bundesstaat Sasketchewan zu erreichen.